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BeAt12Heaven

Stadtentwicklung trifft Kunst

Ein Gemeinschaftswerk für das Beethovenjahr 2020.


BeAt12Heavens ist eine einjährige Performance-Reihe des TanzEnsembles Ihoch³ von Eventeurythmie e.V. und dem Pianisten Michael Gees. An 12 besonderen Orten in Bonn werden situative Kompositionen geschaffen, die sich choreografisch aus dem 1. Satz der Sonate Appassionata in f-Moll von Beethoven mit improvisatorischen Anverwandlungen gestalten.


Wodurch werde ich inspiriert? Wie gehe ich mit Einfällen um? Welche evolutionären Entwicklungsmöglichkeiten liegen in einem musikalischen Motiv oder Thema? Wie kann ich einem Thema treu bleiben, seinen Bestand und sein Wachstum fördern durch Verbindlichkeit? Mit diesen Fragestellungen fühlen wir uns Beethoven und seinem nach Gründen forschenden musikalischen Denken nahe.

Was lehrt es uns das Heutige? Fassen wir Zutrauen zu unseren eigenen schöpferischen Potentialen?

Lernen wir uns wie Beethoven auf die Quellen der Inspiration zu besinnen und sie in herzlicher Naivität und angstfrei zu bekennen: »Jede echte Erzeugung der Kunst ist unabhängig, mächtiger als der Künstler selbst und kehrt durch ihre Erscheinung zum Göttlichen zurück und hängt nur darin mit dem Menschen zusammen, daß sie Zeugnis gibt von der Vermittlung des Göttlichen in ihm.« (Beethoven)


Vor einem Jahr begaben wir uns gemeinsam auf eine musikalisch tänzerische Reise. Wir, das Tanzensemble Ihoch³, das intensiv mit Bewegungsimprovisation arbeitet, und Michael Gees, der ein Meister der musikalischen Improvisation am Klavier ist. Das Besondere unserer Arbeit ist, wie sich kleinste Einfälle und Motive durch beharrliche Weiterentwicklung, durch Geistesgegenwart und Zukunftsoffenheit zu einer Welt weiten und sich situative Kompositionen herausstellen, die Werkcharakter haben. Im Vertrauen auf das schöpferische Potential gerade des Unscheinbaren fühlen wir uns von der künstlerischen Herangehensweise Beethovens belehrt und unterstützt.


Wir werden an ausgewählten Orten in Bonn musikalische TanzPerformances veranstalten. Dadurch sollen Begegnungsstätten und Inspirationsorte für Kunst und Kultur geschaffen und miteinander verbunden werden. Wir bespielen die unterschiedlichsten Locations und sogenannte Nichtorte, vergessene Orte (s.u. ortsspezifische Performance). Unsere Performance gestalten wir choreografisch zu dem 1. Satz der Klaviersonate Appassionata in f-Moll von Beethoven mit improvisatorischen Anverwandlungen, sowohl musikalisch als auch tänzerisch. Hinzu kommen Improvisationen, die Einleitung, Resonanz oder Antwort auf die Appassionata sein können, die wir für den jeweiligen Ort neu zusammensetzen. Daraus bildet sich jeweils eine ortsspezifische Dramaturgie. Appassionata: »Die Begeisterte«. Das Thema lebt zwischen Erhebung und Fall und durchläuft dabei Räume und Zustände hellen und dunklen Entzückens, es entzünden sich darin rasante Verwandlungen mit einer leidenschaftlichen Durchschlagskraft. In vielfältigen Facetten und Farben erlebt sich das Thema. Wir finden darin eine Entsprechung unserer Arbeit: Die Bereitschaft für Unerwartetes, für Begegnung und Verwandlung.


Anverwandelnde Improvisation:

»Eine Musik Beethovens erklingt. Turmhoch allgemeingültig das Gesetz, nach dem sie angetreten, mächtig ihre Wirksamkeit. Wie gut begründet, wie triftig muss eine Klangrede sein, die ihr an die Seite gestellt werden kann, was hat neben Beethoven Bestand und Gültigkeit? Gewiss, Bach, Mozart, Bruckner. Und anverwandelnde Improvisation mit ihren Entwicklungsmöglichkeiten über das Niedergeschriebene hinaus. Was könnte noch sein außer dem, was da steht? Denn nichts ist so vollkommen, dass es nicht entwicklungsbedürftig wäre. Wir auch nicht. Wir haben nötig, uns schöpferisch zu qualifizieren, um den Herausforderungen (Beethovens) an unsere Phantasie standzuhalten. Wenn Musik durch unsere kreative Beteiligung wirksam wird, dann ist das, was dabei herauskommt, Improvisation, immer. Dann ist jede Wieder-Holung eines musikalischen Werkes prozessorientierte Ästhetik, vermocht aus geschärftem Möglichkeitssinn und hochgeübter Geistesgegenwart. Kompositionen wollen nicht unter Denkmalschutz gestellt werden sondern leben. Zeitgemäße musikalische Überlieferungs- und Erfindungskultur strebe nicht nach Fertigkeit sondern danach, die Evolution des Sozialen zu impulsieren. Ohnehin kann uns Genossen unserer Zeit, in der so vieles fertig, aber unzulänglich ist, am Fertigen kaum noch Seite 2 gelegen sein. Wir stehen vor einem Neubeginn: das Irdische ins göttliche Gewand zu kleiden, die Melodien der Menschen zu erlauschen und ihr Zusammenwirken und -wachsen zur Symphonie des Miteinanders geduldig zu behüten und zu begleiten. »Mir grauet vor dem Anfange großer Werke', hätte Beethoven jetzt vielleicht gesagt, 'aber bin ich einmal mitteninne, so gehet es recht wohl'.« (Michael Gees)


Die musikalische Anverwandlung: Der Improvisateur Michael Gees weiß genau, wo seine Fenster im Werk sind, »points of escape«, wie er sie nennt, warum er das Niedergeschriebene verlässt und wann er wie zu ihm zurückkehrt. Er sieht den Komponisten als einen Intermediator, der aus der innerlich erhörten Musik heraus Werke formuliert und im Außen sichtbar macht. Von da an führen sie als lebendige Organismen ihr eigenes Leben, begründen ihre Überlieferungskultur und entwickeln sich an der Welt, in die sie hineinwirken wollen, so Michael Gees. Die tänzerische Anverwandlung: Die Arbeitshaltung des TanzEnsemble Ihoch3 bringt eine doppelte Geste zum Ausdruck. Es tritt nicht nur das musikalische Material an sich in den Vordergrund, sondern auch eine menschliche Dimension von Begegnung, in der sich jeder individuell der gemeinsamen choreografischen Situation gestaltend hingibt. Die Motiventwicklung entsteht aus dem Spannungsfeld von innerem Hören und äußerem Eindruck, aus Selbsterlebnis und Welterlebnis. Wir nehmen die Inspiration aus dem Umraum ebenso ernst wie unsere eigene Aussagefähigkeit. Was zwischen uns lebt in der menschlichen Begegnung und Auseinandersetzung, fließt als Ausdruckskraft in die musikalische Aussage hinein. Das sich selbst und einander Ernstnehmen als Mensch berührt unmittelbar.

»Von Herzen möge es zu Herzen gehen.«(Beethoven)


Die musikalisch - tänzerische Anverwandlung: Musik und Tanz beziehen sich in Wechselwirkung aufeinander. Das Zusammenspiel ermöglicht insbesondere in der Improvisation, dass sich Hör- und Seherleben phantasieleitend gegenseitig Bedeutung und Anlass für schöpferische Entwicklung geben. So gestaltet die tänzerische Bewegung auch in der Stille den musikalischen Verlauf weiter und initiiert Neues für die Musik. Es entstehen stille Brücken, in denen das Musikalische, sich nur durch das Tänzerische weiterentwickelt.


Ortsspezifische Kunst: Wir wollen Bonn an 12 Orten bespielen: kulturell bereits stark belebte Orte (Theater, Museen), soziale Orte (Altenheim, Krankenhaus) sowie sogenannte Nicht-Orte (Kulturbrachen wie ein aktuell seit 9 Jahren leerstehendes Polizeipräsidium). Ausgehend von diesem Spannungsfeld interessiert uns dabei, neue Perspektiven auf Bestehendes zu eröffnen sowie Entwicklungspotenzial zu befragen. Es geht uns um eine kommunikative Wahrnehmung und Identitätssuche. Dabei lassen wir uns situativ von jedem Ort und seinen Menschen, z.B. in seiner historischen, architektonischen, funktionalen oder atmosphärischen Prägung beeindrucken. Wie Beethoven, der seine Inspirationen und Motive aus dem Alltäglichen, aus der unmittelbaren Umgebung seines Lebenszusammenhangs empfing, wollen wir uns ebenso für den jeweiligen Raum öffnen und Motive schöpfen. Der Ort wird zum Mitgestalter, zum Co-Choreografen, zum Mittänzer und das Werk untrennbar verbunden mit dem Aufführungsort. Die Grenze von Kunst und Alltag wird thematisiert und überschritten. Basierend auf der ortsspezifischen Performance-Arbeit soll das Gesamtwerk insbesondere geprägt sein durch das Wandern von Ort zu Ort.


Das Publikum des Projektes von BeAt12Heavens kann diese Reise durch 12 Orte begleiten und langfristig Teil werden von Entwicklung, Veränderung und Zusammenhangsbildung: Jeder kann sich darin selbst in seiner Präsenz wahrnehmen lernen und in einen partizipativen Kontext stellen. Unser Gesamtwerk soll wie ein roter Faden sein, der alle 12 Orte in ihrer neu erschlossenen Qualität miteinander verbindet und der öffentlichen Wahrnehmung öffnet. Anschließend an die Performances werden Workshops für das Publikum gegeben. Zusammen mit eingeladenen Professoren u. a. der Alanus Hochschule und der Universität Bonn, Kooperationspartnern des Vereins Eventeurythmie e.V., Bonner BürgerInnen und BesucherInnen der Stadt soll ein reflexiver Austausch stattfinden. Zusätzlich wünschen wir uns mit Menschen in Kontakt zu kommen, die einen Bezug zum Ort haben und darüber einen Beitrag geben wollen.


Offenheit für Zusammenarbeit: Unsere künstlerische Arbeit soll im Rahmen der jeweiligen Veranstaltungskonzeption die Beweglichkeit und Integrationsmöglichkeit haben, sich mit verschiedensten Veranstaltungen und Kooperationspartnern zu verbinden. So sind wir auch daran interessiert, an bereits feststehenden Veranstaltungen für das BTHVN Jubiläumsjahr zu partizipieren (z.B. die Silence Week). Eventeurytmie e.V. steht außerdem bereits im Austausch mit einzelnen KünstlerInnen aus Bonn und Bonner Initiativen, die passend zu der Thematik einen Beitrag zu unserer Veranstaltung miteinbringen können. Solche Initiativen sind Organisationen, die den Gedanken der Nachhaltigkeit und Vernetzung verfolgen, wie zum Beispiel das Tannenbusch Haus - Verein Unity Effect, das Bonn LAB - Stadtlabor Bonn, der Förderverein für Kunst, Wissenschaft und Soziales und Bonn im Wandel. Beethoven war ein Kind der Aufklärung und der französischen Revolution. Die Werte Brüderlichkeit, Freiheit und Gleichheit gewannen an Bedeutung. Wir sehen in unserer künstlerischen Arbeit den Aspekt der Freiheit, da wir uns der situativen Gegebenheit offen widmen und mit unserem mitgebrachten künstlerischen Material immer wieder neu in Dialog treten. Den Aspekt der Brüderlichkeit sehen wir in unserer vernetzenden Dramaturgie des Gesamtwerkes der Veranstaltungsreihe und in der grundsätzlichen Öffnungsbereitschaft und Verbindungsfreude mit anderen Initiativen. Den Aspekt der Gleichheit sehen wir in der Begegnung auf Augenhöhe und in dem Spannungsfeld von Subkultur und Hochkultur, in dem sich unser Projekt bewegt. Das Projekt verbindet unabhängig von Gesellschaftsschicht, Stand und Religionen hinweg Menschen, die sich in der Stadt befinden.


Das Ziel der TanzPerformances ist es an den ausgewählten Orten der Stadt Bonn einen inspirierenden Einfluss auf die soziale und interkulturelle Entwicklung Bonns zu nehmen. Es soll ein Zusammenspiel von Kunst, Kultur und Wissenschaft entstehen, welches sowohl der persönlichen Entwicklung des Einzelnen dient und auch ein Bewusstsein für die Ziele der Nachhaltigkeit (SDGs) und Zusammenarbeit in Bonn zum Ausdruck bringt. Dabei schließen sich die Mitwirkenden an den Geist Beethovens als Humanist und Tonkünstler und Bonner Bürger an, der in seinen Werken Aspekte der Menschengemeinschaft und des Gemeinwohl anklingen lässt. Ziel ist, dass neben der musisch-künstlerischen Komponente auch ein starker Vernetzungsgedanke entsteht und kultureller Bildung unterstützt wird. Die Bonner Stadtbevölkerung und vor allem auch das internationale Bonn sollen sich angesprochen fühlen, ihre Nachbarschaft mit anderen Augen und Ohren zu erkunden und sich offen mit Nachbarn und Besuchern auszutauschen. BeAt12Heavens lädt dazu ein das Bonner Stadtgebiet aus einer künstlerisch-wahrnehmenden Perspektive heraus zu entdecken, aber auch basierend auf einer sehr besonderen musikalischen Sichtweise und Interpretation des musikalischen Schaffens Beethovens sich mit dem berühmtesten Sohnes der Stadt zu verbinden.


Ausblick: Ab 2021 soll basierend auf der erfolgten ortsspezifischen Arbeit ein Abendprogramm erarbeitet werden, welches das Ensemble anschließend an das Projekt BeAt12Heavens als Botschafter Beethovens und der Bonner Orte in einer mehrwöchigen Tournee in verschiedensten europäischen Städten zur Aufführung bringen wird.

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